Die Geschichte einer Prinzessin, die mit dem Luftballon flog


Kapitel 1 wieder am Leben

Ich erzähle eine Geschichte einer Prinzessin, eine Geschichte, die nicht mit „es war einmal beginnt“. Vielleicht werden meine Kinder, viel wahrscheinlicher werden die Kinder dieser Prinzessin diese Geschichte, wenn sie den Enkeln und Urenkeln und allen weiteren Generationen bis zum Ende aller Zeiten erzählt wird, mit „es war ein mal“ beginnen.

Es ist eine Geschichte und kein Märchen, das sollte unbedingt erwähnt werden, und spielt in einer Zeit, lange nach dem der Buchdruck erfunden wurde, von Postkutschen und Brieftauben konnte man nur noch in historischen Romanen lesen, Postkarten und Briefe waren nur noch ein Relikt für Romantiker. Eine Zeit, in der alles möglich ist, manches unmöglich, weil Möglichkeiten möglicherweise Möglichkeiten ausschließen.

Es ist eine bezaubernde Prinzessin, wie sollte es auch anders sein. Prinzessinnen sind immer zauberhaft, bis auf ganz wenige Ausnahmen. Es ist eine moderne Prinzessin, eine Prinzessin ohne Pferd, aber mit der Möglichkeit alle Orte der Welt zu erreichen, eine Prinzessin die lieben, lachen, weinen, erzählen und träumen kann.

Eine Prinzessin ohne Hofstaat ohne Bedienstete. Eine Prinzessin, die die Arbeit nicht scheut, nur zum Fensterputzen wird Personal bestellt. Die liebenswerte Prinzessin gleicht das aber an anderer Stelle wieder aus, bezahlt jede Gefälligkeit mit ihrem bezaubernden Lächeln.

Modere Prinzessinnen gehen arbeiten, sie lieben die Arbeit sogar. Die Prinzessin, von der ich schreibe, ist eine Prinzessin, mit der der Schmäh rennt, sie würde sogar außerordentlich fehlen und vermisst werden, wenn sie nicht zur Arbeit kommt. Wobei zur Arbeit kommen zu dieser Zeit nicht mehr unbedingt nötig ist, wir leben in einer Zeit, in der man auch von zuhause arbeiten kann, eine Zeit, in der es möglich ist, den Einhorn Stift in die Hand zu nehmen und in einem Traum zu versinken, verträumt zu lächeln und gleichzeitig zu arbeiten. 

Es gibt zu dieser Zeit moderne Kommunikationsmittel, mit denen man sich, neben der Kommunikation zum Zwecke der Verständigung auch die Zeit vertreiben kann, man nennt diese Geräte Handy oder Smartphone. 

Die Prinzessin verbringt Zeit gerne mit sich, besonders wertvolle Zeit. Bei modernen Prinzessinnen wird diese Zeit als MeTime bezeichnet. Zu diesem Zweck hat sie sich manchmal in einem Schneckenhaus versteckt.

Irgendwann ist es passiert, man kann den Zeitpunkt nicht genau festlegen, wurde es in diesem Haus so gemütlich, dass die Prinzessin sehr viel Zeit in diesem Haus verbrachte, hat es nicht mal bemerkt, hatte vergessen zu leben, hat aber ihr Handy mit in dieses Haus genommen, hat sich die Zeit vertrieben. 

In Märchen würde es heißen Tag ein Tag aus, verbrachte die Prinzessin ihre Zeit in diesem Haus. Der Prinzessin fehlte es an nichts, es war ja eine Prinzessin. Es vergingen Tage und Wochen, Monde gingen auf und wieder unter, die Zeit nahm ihren Lauf. Irgendwann würde ein Prinz kommen, 100-jährige Hecken zerschneiden, Drachen vertreiben oder töten, waghalsig auf Türme klettern oder die Prinzessin einfach wachküssen. 

Es ist aber eine Geschichte und kein Märchen.

Eines Tages im Mai ist es geschehen, das Handy hat ein Signal von sich gegeben, es war das Schicksal, der Zufall, oder ein ähnliches Ereignis, das es möglich gemacht hat, einige wenige Buchstaben zu empfangen, diese Buchstaben zu Wörtern geformt, auf die maximale Anzahl von 250 Zeichen begrenzt, haben ein Lächeln ausgelöst.

Es war dieses Lächeln, das nun fortan täglich, zu bestimmten Zeiten erfolgen sollte, manchmal auch dazwischen, das Lächeln hat sich mit der Zeit verstärkt, irgendwann reichte es sogar aus, nur an diese Wörter zu denken und die Prinzessin begann zu träumen und zu lächeln.

Für die Beobachter in ihrer Umgebung, hat die Prinzessin nun immer glücklich ausgesehen und man konnte leichte Veränderungen feststellen.

Sie hörte zum Beispiel Musik, neue Musik, andere Musik, hat sie in einer Liste gesammelt, hat begonnen noch genauer auf die Texte zu achten.

Die Prinzessin hat nun ihrerseits begonnen Buchstaben zu Wörtern zu formen und aus diesen Wörtern Sätze zu bilden – Wunderschöne Sätze, hat begonnen Texte zu schreiben, die bezaubern und verzaubern können. Jedem dieser Texte, fügte sie ein Lächeln hinzu, das jedem geschrieben Wort eine ganz besondere Magie verliehen hat.

Ein Wort gab das andere, regte die Fantasie an. Die Prinzessin wartete von nun an auf diese Wörter. Die Prinzessin begann zu träumen.

Ich sollte erwähnen, es ist eine Prinzessin, die vom Fallschirm springen träumt und zielsicher mit Pistolen schießen kann. Die Prinzessin ist nicht gefährlich, aber außergewöhnlich, hat eine besondere Gabe, sie kann sich an jeden Platz der Welt träumen, kann auf Wolken übernachten. 

Jeder der die liebevollen Worte der Prinzessin jemals gelesen hat, fühlt sich der Sonne ganz nah, wer einmal das Lächeln gesehen hat, ist für immer verzaubert, wer jedoch einmal die Stimme der Prinzessin gehört hat, beginnt zu summen. 

An einem Morgen im Juli, die Prinzessin liegt im Schneckenhaus ist schon beim Arbeiten. Angehende Königinnen hören Musik von ABBA oder Queen. Die Prinzessin hört Dancing Queen und träumt.

Warum Musik von Queen oder auch Titel mit Queen im Namen einen besonderen Reiz auf sie ausüben weiß die Prinzessin nicht. Sie beginnt dabei zu träumen eine Königin zu sein, obwohl sie für immer eine kindliche manchmal kindische Prinzessin bleiben möchte. Eine Prinzessin, die Nächte damit verbringen kann von den Sternen zu träumen.

Noch immer ertönt der Klang von Dancing Queen, als die Prinzessin etwas spürt, es fühlt sich an wie ein klopfen, die Morgensonne hat das Haus gewärmt, Schallwellen erschüttern das Versteck, die Behausung beginnt zu vibrieren. Don‘t – stop – me – now – die Prinzessin beginnt mit den Füßen zu wippen, irgendwann beginnt der ganze Körper im Takt zu Zucken don‘t – stop – me – now. 

Text dringt ans Ohr, sie hört genau hin, spürt es ganz tief in sich, spürt das Leben, muss laut lachen.

Ich glaube Don’t stop me, come on, do it war die Textzeile bei der es kein Halten mehr gab, die Prinzessin hat die Fühler ausgestreckt, erst ganz langsam und vorsichtig, hat dann die Behausung  verlassen, war geblendet, fühlte sich nackt.

Als sie die Augen geöffnet hat, langsam wieder sehen konnte, stand ein Mann vor ihr, beide waren erschrocken, wussten nicht so recht, wie sie sich verhalten sollten, wie sie mit der Situation umgehen. Er hatte eine Tasse Kaffee in der Hand, war verwirrt, die ersten Worte die ihm über die Lippen kam war „der Kaffee ist fertig“ es klang wie ein flüstern. 

Die modere Prinzessin rang nach Worten, sagte ganz leise, man konnte es kaum hören – fuck.

Sie nahmen sich wortlos in die Arme, spürten ihre Herzen klopfen und fühlten sich komplett, schrieben fortan Geschichte und Geschichten, wussten, dass es noch so viele Träume gibt, die geträumt werden wollen.

Wieder am Leben – Alex Diehl


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